978-3-7699-0631-8_HP© 2011-2017 by Manuel-V. Kissener

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Alle Rechte vorbehalten!

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Print-ISBN: 978-3-7699-0631-8 • EUR 14,80 (D); erhältlich beim Drei Eichen Verlag.

E-Book ISBN: 9783738655568 • EUR 7,99 (D), erhältlich als E-pub und Kindle-Edition auf den entsprechenden Anbieterseiten.

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[Eure Meinung ist mir sehr wichtig! Am Ende dieses Kapitels könnt Ihr mir Eure Ansichten bzw. Kommentare zu den von mir vertretenen Thesen hinterlassen. Ich freue mich auf einen regen Gedankenaustausch mit Euch.]

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Kleiner Hinweis für Follower: Dieses von mir im Drei Eichen Verlag  veröffentlichte Buch wird in unregelmäßigen Zeitabständen (Kapitel für Kapitel) hier veröffentlicht. Frühere Kapitel werden wieder gelöscht. Ausnahmen sind das Vorwort (mit dem Inhaltsverzeichnis gekoppelt), ebenso wie die Einleitung (an dessen Ende die Fußnoten des gesamten Buches zusammengefasst wurden) bleiben immer sicht- bzw. lesbar.

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Über die »Erlösung« und das »Übel«

»Erlösung ist ein Zustand absoluter
Freiheit des menschlichen Geistes;
frei von Bindungen und frei von Zwängen,
losgelöst von der „Kette der Dinge“.«
(Manuel-V. Kissener)

»… sondern erlöse uns von den Übeln.«

Die Definition von einer »Erlösung«, in dem Sinne wie er hier zur Verwendung kommt, entstammt dem religiösen Denken. Im Wort schon steckt der Begriff des »Lösens«, des »Losgelöst-Werdens«.
Hierbei versteht man einen Prozess des Sich-Lösens aus dem Zustand der Ur- oder Erb-Sünde, in den wir alle, laut des Dogmas der christlichen Kirchen, geboren werden.35
Gnostiker sprechen in diesem Zusammenhang von der Selbsterlösung; sie kann aber auch als Ergebnis der Handlung einer göttlichen Macht aufgefasst werden: als Gnade Gottes.
Wie ich nachgelesen habe, stand hinter diesem Begriff ursprünglich auch das in der Antike zeitgemäße Freikaufen eines Sklaven.
Ich will nun nicht auf die intellektuellen Interpretationen der Erlösung in den verschiedenen Religionen und Bekenntnissen weiter eingehen, sondern nur kurz auf die christlichen, so wie sie uns gelehrt werden:
Nach der kirchlich-christlichen Lehre wird ausgeführt, dass alle Menschen mit der Erbsünde leben, da Adam und Eva, im Paradies, durch die Schlange angestiftet wurden, einen Apfel vom »Baum der Erkenntnis« zu essen, was gewissermaßen den ›Rauswurf‹ aus dem Paradies zur Folge hatte.
Durch diese Erbsünde und unsere eigenen Sünden leben wir von Gott getrennt. Deshalb sind wir, nach kirchlich-theologischem Dogma, auf die Erlösung durch Gott und auf seine Gnade angewiesen.
Christlicher Theologie zufolge erfolgt die Erlösung jedes Einzelnen von uns nur dann, wenn wir an den freiwilligen Opfertod Jesu Christi glauben, der aus Liebe für die Menschen und zu deren Erlösung in den Tod ging.

Damit kommen wir nun zum Verständnis des »Übels«:
Um hierzu eines vorauszuschicken: Als ich dieses Kapitel zu schreiben begann, verlor ich mich zunächst im Thema des »Erlöst-Werdens«, und zwar so, dass ich den Rest dieses Buches fertig geschrieben hatte, ohne auf das Thema »Übel« eingegangen zu sein. Erst nach mehrmaligem Lesen des Manuskriptes fiel mir auf, dass ich in diesem Kapitel, das von Erlösung und den Übeln handelt, das zweite hierin angesprochene Thema vollständig vergessen habe. »Scheinbar« hat mich das Thema des Erlöst-Werdens zum Zeitpunkt des Schreibens bereits von den »Übeln« be-freit.
Dennoch will ich jetzt – im Nachhinein – nicht versäumen, das Fehlende nachzuholen und fahre also fort:

In mancher Gebetspraxis habe ich erfahren, dass diese siebente und letzte Bitte des »Vater-unsers« auch mit den Worten »… sondern erlöse uns von dem Bösen« (oder vom Bösen) gesprochen bzw. gebetet wird.
Lassen Sie mich aber zunächst auf den umgangssprachlichen Terminus des »Übels« kommen, der ja auch einige Deutungsmöglichkeiten zulässt. So kennen wir das Wort Übel in Zusammenhängen, wie z. B. »übelgelaunt« oder »mir ist übel«; manchmal sprechen wir auch von »üblen Dingen, die uns widerfahren«, usw.
Als ich zu diesem Wort im Internet (bei Wikipedia) nachlesen wollte, was zu diesem Ausdruck geschrieben steht, las ich dort:

»Das Übel ist ein Mangel an ontologisch36 Gutem. Häufig wird es mit dem Bösen verwechselt. Während das Böse ein Mangel an ethisch Gutem ist, ist das (physische) Übel nur ein seinsmäßiger Mangel, also etwa eine Sehschwäche oder ein gebrochenes Bein.
Weil in vielen Vorstellungen Gott der vollkommen Gute ist, kann er das Böse allenfalls zulassen, jedoch nicht selbst einsetzen. Das Übel jedoch kann von ihm zur Erreichung höherer Ziele (aktiv) eingesetzt werden. Als Beispiel kann ein kleinerer Unfall mit einem gebrochenen Bein genannt werden, wenn dies der einzige Weg wäre, den entsprechenden Menschen vor einer besonders bösen Tat zu schützen oder ihn zu einem besonders großen Gut (Umkehr zu Gott und damit zum ewigen Leben) zu motivieren«.

Nun möchte ich, ohne allzu viel hypothetisieren zu wollen, kurz auf dieses, in der theoretischen Philosophie differenziert angesehene Thema des »Bösen« und des »Übels« eingehen.
In der Ontologie unterscheiden wir zwischen einer konstruktivistischen (als theoretisches Gedankenkonstrukt) und einer realistischen Ontologie. Einige Philosophen, darunter Hegel, Kant, Heidegger, Husserl, Leibniz (und andere), versuchten beide in Verbindung zu bringen.
Das »Übel« [Malum physikum], das physisch Schlechte, divergiert hinsichtlich dieser Theorie vom »Bösen«, das hier auch als Malum morale (das moralisch Schlechte), der Mangel an Gutem, also der Gegenbegriff des »Guten« im Allgemeinen, beschrieben wird. Dabei ist das Übel natürlich vorgegeben und gegenwärtig (Krankheiten, Naturkatastrophen, etc.).
Das Konzept der Unterscheidung zwischen dem »Übel« und dem »Bösen« wird Augustinus von Hippo (354-430) zugeschrieben. Der Philosoph Gottfried-Wilhelm Leibniz37 nimmt dieses im Rahmen seiner Theodizee-Problematik38 auf und ergänzt es mit dem Malum metaphysikum (dem metaphysisch Schlechten).
Dieses Thema birgt, um es auf den Punkt zu bringen, relativ viel Theoretisches, was es aber nicht unbedingt uninteressant macht.

Ein letzter, ganz persönlicher Aspekt, den ich mit dem Bösen in Verbindung bringe, ist jener, den ich bereits bei der »Versuchung« zum Ausdruck gebracht habe: Ich begreife das Böse, ähnlich wie den Teufel und die Dämonen (die ich dort angeführt habe), als eine Kraft, die aus uns selbst, dem Menschen, erwächst. Hingegen sind die »Übel« dieser Welt, und da gebe ich der Ontologie recht, dem Leben selbst zuzurechnende Kräfte, wie bereits oben erwähnt.
Was ich bei weiteren Nachforschungen, allerdings in einem ganz anderen Zusammenhang, recht interessant fand, war ein Ausdruck von Sven Hillenkamp, der in einem Gespräch zu seinem Buch »Das Ende der Liebe« auf das »Übel der unendlich gewordenen Freiheit« zu sprechen kam, ein Thema, das uns in meinen Aussagen zum »Vater-unser« auch weitläufig beschäftigt, wenn auch in anderem Zusammenhang, da wir hier vom Göttlich-EINEN und unserem EINSSEIN MIT IHM und an die damit verbundene, für uns künftig anbrechende »unendliche, absolute Freiheit des Geistes« denken. Allerdings begreife ich es nicht als die »Übel unendlicher Freiheit«.
Lassen Sie mich trotz alledem nun das »Übel an der Wurzel packen« und mich, trotz aller Einwände der theoretischen Philosophie, das Übel mit dem Bösen verwechseln, noch dazu in dieser Bitte des »Vater-unsers« beide Gebetsweisen – wie oben nachzulesen – möglich sind.

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Wir alle sprechen gerne davon, dass wir einen freien Willen39 haben bzw. frei in unseren Entscheidungen sind, zu tun und zu lassen, was wir wollen. Diese freie Willensentscheidung ist Grundlage der hier zum Tragen kommenden Gedanken über die Erlösung.

Vorab: Wir können nicht erwarten, dass wir frei sind, alles zu tun und zu entscheiden was wir wollen und im gleichen Atemzug das Göttliche darum bitten, davon erlöst zu werden.

Nur wir selbst können uns erlösen, frei machen, uns von den Dingen lösen! Das bedeutet allerdings nicht, dass wir dem Leben den Rücken zukehren und uns nun alle in Höhlen und Einsiedeleien, in das Himalaja-Gebirge oder sonst wo zurückziehen sollen, um das Leben gewissermaßen an uns vorbeiziehen zu lassen und uns nur noch in der Meditation40 dem Göttlichen hinzugeben.
Im Gegenteil! Unsere aktive Teilnahme am Leben ist gefordert, um gerade das zu erreichen, was wir vom Göttlichen erbitten. Da, wo wir leben und unsere Arbeit verrichten, genau da sind wir gefordert, für unsere geistige Entwicklung und Entfaltung selbst Sorge zu tragen. Und genau da sollen, ja müssen wir beginnen, uns frei zu machen – uns zu er-lösen.

Für Gott ist das Leben, so wie wir es kennen, in Verbindung mit allen Dualitäten und Gegensätzlichkeiten unseres Daseins, nur das, was es ist. Nicht mehr und nicht weniger. Das bedeutet aber nicht, dass das Göttliche nicht teilhat an unserem Leben. ES ist sich dessen, was passiert und wie wir leben, absolut gewahr. — ES bleibt dabei jedoch völlig wertungs- und urteilsfrei!
Es ist und bleibt unsere eigene Entscheidung, uns aus den Gegebenheiten (Karma, Schicksal) unseres Lebens – die wir selbst gelegt und ver-»schuldet«41 haben – zu lösen und uns ebenso, wie das Göttliche, gewahr und vollkommen bewusst zu werden, was wir sind, tun oder auch nicht tun. Damit erst beginnt wahre Erlösung. Wir selbst entscheiden, wie und wann wir uns frei machen oder lösen und in der Folge dann tatsächlich bereit sind, uns zu be-freien und zu er-lösen. –

Erlöst werden heißt: Gewahr-Werden all dessen, was ist, und im Weiteren EINS WERDEN mit dem EINEN.

Als Jesus zu seinen Jüngern sprach, »ich und der Vater sind eins«, ließ er damit verlauten, dass er er-löst bzw. ge-löst, also frei von allen Wirrnissen dieser Welt ist. Und damit ging Jesus sogar noch einen Schritt weiter: Er würde also nicht erst eins mit dem Vater werden, er war bereits eins mit IHM.

Und ebenso wie Jesus, der gerne als »Sohn Gottes« dargestellt wird, müssen wir uns sehen: Wir sind alle Kinder des Höchsten – geboren aus dem Geist des EINEN und immerdar mit ihm EINS.

Wir haben nun also erfahren, dass wir vom Göttlich-EINEN kommen und dieses EINE in uns ist.
Erlösung bedeutet somit im Licht des bewussten Selbst leben, wie es auch schon im Vedanta42 geschrieben steht:

»Im Licht des Atman, das mit Brahman, dem Licht der Gottheit wesenseins ist, im Licht dieser Einheit wird uns bewusst, dass unser Selbst in und mit dem Göttlichen verwurzelt ist. Und das war bereits zu Beginn allen Seins und wird immer noch so sein, wenn auch alle Universen vergehen.« (Christopher Isherwood)43

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Das Göttlich-EINE erlöst also nicht, nur wir selbst können dies tun, mit zugegebenermaßen noch äußerst unvollkommenen Vorstellungen des Gewahr-Werdens all dessen, was ist.
Solange wir dies aber noch nicht erkennen, sollte diese letzte Bitte des »Vater-unsers« wie folgt verändert werden:

»… Hilf uns bei der Entscheidungsfindung,
die Ketten und Banden zu lösen,
die uns hier fesseln …«,

auf dass wir uns er-lösen und be-frei-en können von all jenen Dingen, die uns im »Hier und Jetzt« halten und an unser irdisches Dasein binden.

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Bezugsmöglichkeiten als Buch oder E-Book:

Print-ISBN: 978-3-7699-0631-8 • EUR 14,80 (D);
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Ein Kommentar on Das Vater-unser (Kap. 11: Über die »Erlösung« und das »Übel«)

  1. Werner Huber sagt:

    Die Entscheidungsfindung gelingt nur wenn wir selbstlos alles aus Liebe tun oder aus Liebe leiden

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